Bete mit dem Herzen, gesammelt und bewusst!

Eine Minute für dich mit Prof. Tomislav Ivancic am 30. April 2015, aufgenommen bei PleMir.

Gewöhnlich meinen wir, dass das Gebet das Aussprechen einzelner Gebetsformeln vor Gott ist. Deshalb sprechen wir als Christen das „Vater Unser“, das „Ehre sei dem Vater“, „Gegrüßet seist du Maria“ und Ähnliches, die Psalmen und unzählige andere Gebete. Manchmal beten wir auch spontan. Unser Beten ist aber nicht immer im Einklang mit dem, was das Gebet eigentlich ist. Dies geschieht, wenn wir die Gebete zwar aussprechen, dabei aber zerstreut und innerlich abwesend sind. In gewisser Weise gibt es uns gar nicht, wenn wir nicht anwesend und gesammelt sind. Erst dadurch, dass wir gesammelt und bewusst sind, wird unser Beten zum Gebet. Dann stehen wir vor Gott, wir schauen dem himmlischen Vater in die Augen, wir schauen Jesus und die Mutter Gottes an. Mit unsrem Geist schauen wir den Geist. Mit unsrem Leben betrachten wir das Leben Gottes. Dann sind wir mit Gott verbunden. Wenn wir nur Gebetsformeln aussprechen, ohne uns dessen bewusst und gesammelt zu sein, dann sind wir nicht anwesend. Wir sprechen die Gebetsformeln zwar aus, aber es ist, als hätten wir einen falschen Schlüssel ins Schloss gesteckt. Der Schlüssel sperrt nicht auf. Wenn wir nicht gesammelt sind, gibt es uns nicht in diesem Gebet. Dann kann Gott uns das nicht geben, worum wir beten. Es gibt uns nicht. Wenn die Türen deines Hauses versperrt sind, weil du unbewusst bist, dann gibt es dich nicht. Deshalb bekommen wir nicht, worum wir in unsren Gebeten bitten.

Oberflächlich betrachtet „beten“ wir vielleicht viel zu viel, indem wir immer wieder diese Gebetsformeln aussprechen. Jesus hat es so gesagt: Dieses Volk ehrt mich mit dem Mund, aber ihr Herz ist weit weg von mir. Vergeblich ehrt es mich mit dem Mund, sagt Jesus. Das Herz ist wichtig. Das Herz ist Bewusstsein, es ist Geist – das bist du! Wenn du in deiner Person bewusst und gesammelt vor Jesus bist, reicht es aus, dass du ihn für ein paar Minuten anschaust, und schon wirst du unendlich viel bekommen. Andererseits kannst du stundenlang Gebete aussprechen ohne irgendetwas zu bekommen. Nicht deshalb, weil Gott es dir nicht geben würde, sondern, weil du abwesend bist. Du bist nicht erreichbar. Es gibt dich nicht, weil du versperrt bist, weil du nicht dabei bist. Dein Gesicht spiegelt dich nicht wieder, dein Bildschirm ist dunkel. Du bist abwesend, du nimmst dein Gegenüber nicht bewusst wahr, mit dem du dich doch eigentlich unterhalten willst. Das bedeutet es abwesend oder eben anwesend zu sein. Anwesend sein bedeutet gesammelt und bewusst sein, das ist das Gleiche. Unbewusst sein heißt nicht gesammelt sein, sondern zerstreut. Wir verlangen zwar etwas von Gott, aber nur unsere Zunge spricht es aus, nicht wir als Person und Geistseele, wir, die wir uns unsrer selbst bewusst sind. Alles in unserem Leben wird sich verändern wenn wir beginnen bewusst zu beten.